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In einer sich rasant wandelnden Welt steht auch die Hotellerie vor tiefgreifenden Veränderungen. Technologische Fortschritte, veränderte Gästeerwartungen und der dringende Ruf nach Nachhaltigkeit fordern neue Denkansätze und innovative Lösungen. Als GreenSign Institut haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, Hotels auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu begleiten und zukunftsfähige Strategien zu entwickeln. Dazu vernetzen wir uns mit Partnern und Gleichgesinnten, um ein gemeinsames Know-How und neues Wissen in der Branche zu teilen. In diesem Zusammenhang haben wir den renommierten Zukunftsforscher Oliver Leisse interviewt, um einen Blick auf die kommenden Entwicklungen und Herausforderungen der Branche zu werfen.
Lieber Oliver, was kommt deiner Meinung nach auf die Branche zu und was ist zu tun?
Ich bin sicher, es bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Wir stehen in fast allen Branchen vor einer großen Disruption. Auch die Hotellerie-Branche hat einen großen Nachholbedarf, denn Innovationen und neue Ansätze sind rar in der Branche. Daher sind wir wenig vorbereitet, denn nun geht es schnell.
Der Zukunftsforscher Hermann Kahn hat einmal gesagt, wir können nicht mehr aus der Vergangenheit lernen, wir müssen jetzt aus der Zukunft lernen. Klingt schräg. Er meint, statt nur aus der Vergangenheit zu lernen – also aus dem, was bereits geschehen ist – müssen wir zunehmend antizipativ denken und Szenarien entwickeln, um aus möglichen Zukünften zu lernen. Die können wir – zumindest was die nächsten 3 bis 5 Jahre angeht, recht gut erkennen. Da gibt es neue Kundenerwartungen und neue Möglichkeiten, besonders in der Technologie.
Eric Schmidt, der ehemalige Google Chef und Stanford Professor empfiehlt, dass sich Unternehmen überlegen sollten, wie sich die Branche in den kommenden 5 Jahren entwickeln wird und welche Rolle sie in dieser Zukunft spielen wollen. Dann sollte man sich für die kommenden 12 Monate sehr harte Ziele setzen, die man auch sehr konsequent abarbeitet! Ich finde, das ist ein guter Ansatz.
Welche großen digitalen Entwicklungen werden in den nächsten Jahren die Hotellerie am stärksten beeinflussen?
KI-gestützte Personalisierung – Hotels werden durch Künstliche Intelligenz in der Lage sein, Vorlieben der Gäste zu analysieren und maßgeschneiderte Erlebnisse zu schaffen. Was ein älterer Alleinreisender, gut gebildeter Herr erwartet, ist ja nachvollziehbarer. Die KI wird helfen, auswerten, umsetzen. Das reicht von personalisierten Zimmeroptionen bis hin zu individuellen Serviceangeboten.
Robotik & Automatisierung – Roboter übernehmen repetitive Aufgaben wie Gepäcktransport, Zimmerservice oder sogar Rezeptionsdienste, ja das kann man schon jetzt an vielen Beispielen im Netz sehen. Der große Vorteil: Das menschliche Personal kann sich auf persönliche Gästebetreuung konzentrieren und der Fachkräftemangel verliert seinen Schrecken.
Nachhaltigkeit – Hotels setzen zunehmend auf CO₂-neutrale Energie, eine smarte Energieverwaltung und eine clevere Optimierung von Wasser- und Stromverbrauch. Das hilft, die Kosten zu senken. Nachhaltigkeit gibt dem Gast ein gutes Gefühl. Win win win für Umwelt, Management und Gast.
Weitere Innovationen wird eine virtuelle und erweiterte Realität (VR/AR) sein. Hier stehen wir noch am Anfang. Das bekannte Beispiel: Gäste können mithilfe von VR eine Hotelanlage bereits vor der Buchung erkunden oder AR-gestützte Navigation innerhalb des Hotels nutzen, um z. B. das Spa oder das Restaurant schneller zu finden. Aber AR kann auch helfen, den Blick aus dem Fenster zu optimieren (statt Regen – Sonne und eine herrliche Aussicht) oder auch die Zimmereinrichtung zu verändern. Ok, das wird noch etwas dauern, wurde aber schon umgesetzt.
Wie wird Künstliche Intelligenz die Gästeerfahrung in Hotels verändern – von der Buchung bis zum Check-out?
Hyperpersonalisierte Buchungserlebnisse – da stehen wir vor ganz neuen Möglichkeiten, denn die KI analysiert vergangene Reisen, bevorzugte Standorte und Bewertungen, um personalisierte Hotelangebote, individuell abgestimmte Services und passende Preisvorschläge zu liefern. (Bei dem älteren Herrn wird die KI vielleicht eine passende Ausstellung finden und eine Gruppe von mehreren Hotelgästen zusammenbringen, die diese gemeinsam besuchen. Einschließlich Transport und gemeinsamem Dinner am Abend.) Der Gast der Zukunft will es einfach haben.
Automatisierter Check-in & Check-out – Gäste können per Gesichtserkennung oder App einchecken und das Hotel verlassen, ohne an der Rezeption warten zu müssen. (Das ist ja auch wirklich überfällig.)
Dynamische Preisgestaltung – Hotels setzen in der Zukunft KI-Algorithmen ein, um Preise basierend auf Nachfrage, Wetter, Veranstaltungen oder individuellen Präferenzen in Echtzeit anzupassen. Immer der richtige Preis – für das Management, aber auch für den Gast.
Intelligente Zimmersteuerung – Von der Beleuchtung bis zur Raumtemperatur passt sich alles an die Vorlieben der Gäste an und speichert diese für zukünftige Aufenthalte. Samsung hatte auf der CES 2025 in Las Vegas das Beispiel, dass die Smarte Watch des Gastes die Temperatur während des Schlafes analysiert und, wenn die Temperatur zu hoch sein sollte, einen Auftrag an das Thermostat der Heizung oder Klimaanlage weitergibt, so, dass der Gast immer bei perfekter Temperatur schläft. Als leidgeprüfter Kämpfer mit den Klimaanlagen von Hotels würde ich das sehr begrüßen.
Predictive Service – hier ist ein vorausdenkender Service gemeint. Die KI erkennt Bedürfnisse der Gäste im Voraus, z.B. wann jemand Kaffee möchte oder welche Aktivitäten empfohlen werden sollten. (Denke an den älteren Herrn, der sich freut, wenn nachmittags Kaffee und Lieblingsgebäck serviert werden.)
Welche Herausforderungen siehst du für kleine und mittelständische Hotels bei der fortschreitenden Digitalisierung?
Hohe Investitionskosten – Nicht jeder wird sich moderne Technologien wie Smart Rooms oder KI-gestützte Serviceangebote leisten können. Oft sind hohe Anschaffungskosten nötig, die kleine Hotels schwerer stemmen können. Vielleicht ist hier ein Ansatz, sich bei der Anschaffung zusammen zu tun.
Technologieabhängigkeit von großen Plattformen – das ist ein Problem, dass wir auch in der Gesundheitsbranche haben. Hotels, die sich stark auf Daten von Apple, Google, Booking.com oder Airbnb verlassen, riskieren, von deren Algorithmen abhängig zu werden. Kein ganz neues Problem, das beschäftigt uns ja schon länger, dennoch haben wir noch keine europäische Lösung gefunden.
Mitarbeiterschulung & Akzeptanz – Die Einführung neuer Technologien kann auf Widerstand stoßen, wenn Mitarbeiter nicht ausreichend geschult werden oder Angst vor Jobverlust haben. Der Kollege Roboter ist erst einmal eine Herausforderung für alle Beteiligten. Macht er aber seine Sache gut, erkennt man die Vorteile. In Asien werden Roboter oft als Freunde betrachtet, in den USA als Helfer und in Europa eher als potenzielle Bedrohung wahrgenommen.
Welche Bedeutung haben Googles Atomkraftwerke für den steigenden Energiebedarf der Digitalisierung?
Der weltweite Energieverbrauch von KI, Cloud-Technologien und Rechenzentren steigt rasant an. Google braucht für seine Datencenter Energie und baut eigene Mini-Atomkraftwerke (Small Modular Reactors, SMRs), um unabhängiger von fossilen Brennstoffen und schwankenden Strompreisen zu werden. Diese SMRs sollen stabilen und nachhaltigen Strom für die energieintensiven Rechenzentren liefern. Das ist ein neuer Ansatz, der mit den großen, eher unsicheren Kraftwerken wenig zu tun hat. Sie sind kompakter und können dezentral betrieben werden. Studien zeigen, dass SMRs eine CO₂-neutrale Alternative zu fossilen Kraftwerken sein könnten.
Sollte Google Erfolg haben, könnten weitere Tech-Konzerne wie Amazon oder Microsoft nachziehen und ebenfalls eigene Energiequellen aufbauen. Unterstützung kommt auch von staatlicher Seite, die Trump Administration hat ja gerade angekündigt, 500 Milliarden US-Dollar in den nächsten Jahren in KI und die nötigen Datencenter zu stecken, die Bereitstellung von Energie ist Teil der Initiative.
Inwiefern wird das Thema digitale Nachhaltigkeit eine Rolle in der Hotellerie spielen?
Entscheidend ist, dass der Gast sich dann wohlfühlt, wenn er weiß, dass das Hotelmanagement nachhaltig denkt und der Aufenthalt keine Belastung für das Klima ist. So werden Hotels klimaneutrale Server und Cloud-Dienste nutzen, die ihren Strom aus erneuerbaren Energien beziehen. Wie schon angesprochen, hilft die Entwicklung hin zu smarten Systemen – Intelligente Sensoren und KI-gestützte Algorithmen optimieren den Energieverbrauch für Heizung, Beleuchtung und Klimaanlagen, indem sie automatisch auf Gästeaktivitäten und Wetterverhältnisse reagieren! (Unser älterer Herr vergisst oft, das Licht auszuschalten, das macht die KI für ihn, sie weiß, in welchem Zimmer er sich aufhält und löscht das Licht in den anderen Räumen.)
Es braucht kreative Ansätze. Da muss man sich auf die Suche machen. Kreislaufwirtschaft ist ein gutes Thema, Hotels werden digitalen Geräte wiederverwenden, reparieren oder recyceln lassen, anstatt sie nach wenigen Jahren zu entsorgen. Blockchain-basierte, grüne Zahlungssysteme mit CO₂-Kompensation könnten den Hotelbetrieb nachhaltiger gestalten, indem sie die Klimawirkung von Transaktionen ausgleichen. Immer mehr Hotels installieren Solarpaneele, Windräder oder nutzen geothermische Energie, um ihren Eigenstrom zu erzeugen und somit unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden. Da geht noch was.
Welche Rolle spielen Sprachassistenten, Chatbots und personalisierte KI-Systeme in der Hotellerie der Zukunft?
Ich denke, dass es keine individuellen Chatbots geben muss, schon Sprachassistenten wie Alexa 2.0, die bald vorgestellt wird, oder schon etablierte ChatGPT Assistenten werden Gästezimmer steuern und als sehr kompetente zentrale Schnittstelle für Serviceanfragen dienen. Gäste können dann beispielsweise per Sprachbefehl die Raumtemperatur anpassen, ein Taxi oder einen Zimmerservice bestellen. (Sehr praktisch auch für unseren älteren Herrn aus dem Beispiel.)
Chatbots mit Künstlicher Intelligenz werden rund um die Uhr als digitale Concierges fungieren. Sie können den Aufenthalt mit Informationen anreichern, Gäste über lokale Events oder Restaurantempfehlungen informieren und individuelle Vorschläge machen. “Im Goldenen Krug gibt es heute den berühmten Grünkohlabend, soll ich Ihnen einen Tisch buchen?” Das wirkt nur im ersten Moment banal, der Punkt ist, dass wir Menschen Anregungen brauchen, denn so kreativ sind wir aus eigenem Antrieb nicht.
Gut ist es auch, wenn das Hotel Sprach-KI nutzt, um nahtlose Kommunikation in mehreren Sprachen zu ermöglichen. Nun können sich auch internationale Gäste wohlfühlen, auch wenn das Hotelpersonal keine gemeinsame Sprache spricht.
Welche Innovationen im Bereich Smart Hotels oder IoT könnten bald zum Alltag gehören?
Biometrische Check-ins – wie schon beschrieben – Gesichtserkennung oder digitale Identitäten in Apps ersetzen klassische Schlüsselkarten, Gäste gelangen einfacher und sicherer in ihr Zimmer.
Adaptive Raumsteuerung – IoT-Sensoren analysieren die Präferenzen der Gäste und passen automatisch Licht, Temperatur und Luftqualität an. Dadurch entsteht eine personalisierte Wohlfühlatmosphäre. Ein Vorteil für den Gast.
Automatisierte Housekeeping-Systeme – Intelligente Sensoren erkennen, ob ein Zimmer genutzt wurde, und benachrichtigen das Housekeeping automatisch, sodass Reinigungspersonal effizienter arbeiten kann. Das hilft auch der Umwelt.
Personalisierte digitale Wände – gut, man kann auch noch weiterdenken. Gästezimmer werden mit interaktiven Bildschirmen ausgestattet, auf denen Gäste personalisierte Inhalte anzeigen lassen können, z.B. Kunstwerke, eigene Fotos oder Streaming-Dienste. (Der ältere Herr liebt den Impressionismus und wird jeden Morgen durch neue Bilder und Erklärungen überrascht.)
Was ist dein Zukunftsbild der Hotellerie im Jahr 2040?
100 % autonome Hotels – das werden wir immer mehr sehen: Rezeptionen, Housekeeping und Services werden vollständig von KI und Robotern gesteuert. Gäste interagieren nur noch über digitale Assistenten mit dem Hotel. Die sind aber in ihrer Ansprache perfekt auf den Gast optimiert – immer höflich, umfassend informiert und in jeder Sprache rund um die Uhr verfügbar.
Erlebnis basierte Unterkünfte – Hotels verwandeln sich in multisensorische Erlebnisorte, alle Sinne werden angesprochen, besondere Dinner-Events, Massageoptionen, Gesundheits- und Fitness Initiativen, Themenbezogene Zimmer vom Escape Raum bis zum individuellen Coaching für eine Wochenende – alles, wirklich alles ist hier denkbar.
Hyperlokale Energieversorgung – Hotels betreiben in der Zukunft ihre eigenen erneuerbaren Energiequellen, sodass sie unabhängig von externen Stromanbietern werden und vollständig CO₂-neutral arbeiten können.
Hotels als Co-Living-Spaces – Workcation, den Trend kann man ja schon an vielen Orten erleben. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, und Hotels bieten hybride Wohn- und Arbeitsmodelle für digitale Nomaden und Langzeitgäste an.
Smart Rooms werden Luftqualität, Beleuchtung und Klangumgebung automatisch so steuern, dass der Schlaf verbessert und der Biorhythmus optimiert wird.
Neurogastronomie & KI-Menüs – Hotels werden Speisen basierend auf den Geschmacksvorlieben und Gesundheitsdaten ihrer Gäste individuell anpassen. KI könnte automatisch Speisekarten erstellen, die den idealen Nährstoffmix für jeden Gast berechnen.
Kurzum – wir stehen inmitten einer umfassenden Disruption der Branche. Liebe Hoteliers, seid dabei, die Chancen sind immer besser erkennbar, die Zukunft liegt vor euch!
Vielen herzlichen Dank, lieber Oliver, für deine spannenden Einblicke und zukunftsweisenden Impulse. Deine Visionen zeigen, dass die Hotellerie vor einer aufregenden Transformation steht – und dass Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit die zentralen Treiber dieser Entwicklung sind.
Die Hotellerie steht an der Schwelle zu einer neuen Ära. Die Herausforderungen sind groß, aber die Chancen noch größer. Hotels, die sich frühzeitig mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen, können nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch das Gästeerlebnis revolutionieren und zukunftsfähig bleiben.
Bildnachweis: © Greensign
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